Siehe auch Wiehre Online, Bürgerverein und Wikipedia.

Geschichte der Wiehre

Als vorderösterreichische Stadt ist Freiburg selbstverständlich eine katholische Stadt gewesen. Die wenigen hier lebenden Protestanten wurden von der Pfarrei des nahen markgräflich-badischen und somit evangelischen Dorfes Haslach aus pastoriert. Der Übergang Freiburgs an Baden 1806 hatte u.a. durch Zuzug von Beamten und Militärs ein merkliches Wachstum des protestantischen Gemeinde zur Folge. 1829/38 entstand in Herdern die erste evangelische Kirche Freiburgs, die Ludwigskirche (Ecke Rheinstraße/Habsburgerstraße, 1944 zerstört), 1889/91 dann die zweite in der Wiehre, die Christuskirche.

Die Vorstadt Wiehre, hervorgegangen aus den in den Kriegen des 17./18. Jahrhunderts zerstörten bzw. im Festungsvorfeld niedergelegten Dörfern Adelhausen und Wiehre, war am Anfang des 19. Jahrhunderts eine vollkommen ländliche Gegend mit Rebgrundstücken, Wiesen und Äckern. Auch besaßen hier Bürger der nahen Stadt ihre Gärten.

Wohl im Zusammenhang mit dem gestiegenen Bedarf an Arbeitskräften nach Gründung verschiedener Fabriken entlang der in Freiburgs Osten gelegenen Kartäuserstraße sowie zwischen der 1845 eingeweihten Rheintalbahn im Westen und der südwestlichen Altstadt stieg gegen die Mitte des 19.Jahrhunderts auch die Einwohnerzahl der Wiehre an. Unter den Zuzüglern befanden sich bezeichnenderweise viele Tagelöhner und Angehörige einfacher Bevölkerungskreise, die bald gegenüber der angestammten, landwirtschaftlich orientierten Bewohnerschaft zahlenmäßig überwogen. In der Mittelwiehre, nördlich der heutigen Hildastraße, dehnten sich ab 1847 die Anlagen der Rislerschen Knopffabrik aus, und 1850 ging am Platze der späteren Johanniskirche das erste Gaswerk in Betrieb. Ebenfalls hier in der Mittelwiehre, entlang der alten Wege - besonders der Kirchstraße, Brombergstraße, Hildastraße und Talstraße - entstand eine Anzahl meist bescheidener Häuser, und so sah man sich städtischerseits veranlaßt, 1844 einen Bebauungsplan nebst Straßennetz festzulegen, bevor weitere Neubauten eine sinnvolle Planung erschwerten. Während des weiteren Wachstums blieb in der Wiehre die Bevölkerungsstruktur mit einem überwiegenden Anteil „kleiner Leute“ bis in die 1870er Jahre bestehen. Aufwendigere Bauten, Vorstadtvillen, entstanden fast ausschließlich an der Günterstalstraße. Erst in den 80er Jahren, besonders nach dem Amtsantritt des Oberbürgermeisters O. Winterer (1888-1913), vollzog sich mit der Ausweisung duchgrünter Villengebiete (besonders in der Unterwiehre) und dem Bau von Mietshäusern für gehobene Ansprüche (besonders in der Mittelwiehre) der Wandel zum „besseren“ Großbürger- und Mittelstandsviertel. In dieser sog. Gründerzeit wurde eine beträchtliche Zahl dieser Bauten von Architekturfirmen als Spekulationsobjekte erstellt und im Rohbau oder schlüsselfertig an zahlungskräftige Interessenten verkauft. Baufluchten, Grünflächen, Art der Vorgärten sowie Gestaltungsrichtlinien für Balkons, Erker, etc. waren in Bauordnungen für die einzelnen Straßen genau geregelt. Ein Großteil der Jugendstilhäuser die in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts in Freiburg gebaut wurden, stehen in der Wiehre.

Freiburg war bemüht um den Zuzug von wohlhabenden Privatiers und Pensionären aus ganz Deutschland. Wohlhabende Bürger aus dem cholerageplagten Hamburg besiedelten in den 90er Jahren die Goethestraße in der Wiehre, so daß hier eine regelrechte Hamburger Kolonie entstand. Das rasche Wachstum der Bevölkerung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ließ auch den evangelischen Anteil hochschnellen (1871 rund 4.674 Personen, 1905 etwa 20.000 Personen). Die Gründung einer neuen evangelischen Gemeinde war notwendig Die Stadt schenkte dazu ein Grundstück in der Wiehre, Ecke Turnseestraße/Zasiusstraße. Mit dem Bau wurde 1889 begonnen, zwei Jahre später fand die Einweihung statt. Für kurze Zeit stand die neu errichtete Kirche relativ frei, in der Nachbarschaft gab es nur wenige Häuser. Dies änderte sich jedoch mit dem Bauboom der 90er Jahre schnell. Heute bildet die von Bäumen und Grünflächen umgebene Kirche mit den benachbarten Häusern der Jahrhundertwende eine einheitliche Gruppe. Dazu zählen u.a. das 1892/93 als erstes Pfarrhaus erbaute Haus Turnseestraße 16 sowie das zweite und derzeitige Pfarr- und Gemeindehaus Maienstraße 2, das 1895/96 erstellt wurde.

Ein Gedenktafel von besonderer Bedeutung ist an die Hauswand des Haus Nr. 13 in der Maria-Theresia-Straße angebracht worden. Wir erfahren hier, daß der Freiburger Professor von Dietze in den Jahren 1938 bis 1954 in diesem Haus wohnte und weiter lesen wir: „Hier traf sich zwischen 1938 und 1944 oftmals der Freiburger Kreis im Widerstand gegen das NS-Regime.“

Der räumliche Schwerpunkt des Freiburger Widerstandes gegen den Nationalsozialismus lag in der Wiehre. Zum einen wurde hier die Christuskirche mit ihrem Pfarrer Hermann Weber das Zentrum der Bekennenden Kirche (BK), zum anderen entstand in engem Kontakt mit der Bekennenden Gemeinde ein zweiter Widerstandskern unter Freiburger Professoren (Gerhard Ritter, Adolf Lampe, Walter Eucken, v. Dietze). 1938 bildete sich aus den Teilnehmern dieser Bewegungen ein fester Widerstandskreis, der „Freiburger Konzil“.

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen beeinflussen die städtebaulichen Entwicklungen. So war es interessant, in der Wiehre festzustellen, daß mit dem Ableben der Gründer- und Erbauergeneration vor 1914 dann in den 70er Jahren gerade diese Bauten, einst spekulative Renditeobjekte, nun von den Wohngemeinschaften begehrt wurden. Sie waren hervorragend geeignet auch für Alleinerziehende mit Kindern, weil die Grundrisse meist gleich große Zimmer boten sowie geräumige Dielen und große Küchen als Treffpunkt. Die später in Wohnungseigentum aufgeteilten Häuser beherbergen nun eine Klientel, die als Freiburgs „Grüne Mitte“ sich nun intensiv für die Erhaltung „ihres“ Stadtteiles einsetzt.

„Erwachsen gewordene“ 68er Generation (darunter viele Ärzte, Lehrer, Juristen, Psychologen und andere Akademiker), junge Familien, Studenten (Wohngemeinschaften) und alte Leute gestalten heute das lebendige Leben der Wiehre. Entsprechend vielfältig ist hier der Anteil an unterschiedlichen Dienstleistungs- und Heilberufen. Zahlreiche Naturheilpraxen, viele Naturkostläden, kleine Bäckerbetriebe und diverse kleine Läden unterschiedlichster Prägung sind typisch für die Wiehre, ebenso wie die große Vielfalt an Cafés, Kneipen und Restaurants für jeden Geschmack. Große und kleine Konzerte finden des öfteren in der evangelischen Christuskirche sowie in der katholischen Johanniskirche statt. Das Kommunale Kino ist heute im Alten Wiehrebahnhof untergebracht. Um das schöne Gebäude herum findet zwei mal in der Woche der Bauernmarkt statt, an einem Wochenende im Sommer der Keramikmarkt und im Dezember der Weihnachtsbaummarkt. Auch ist der Platz zum Treffpunkt der zahlreichen BoulespielerInnen geworden. Nicht weit von dem alten Bahnhof entfernt liegt der Neue Wiehrebahnhof. Von hier aus läßt sich schnell die Innenstadt erreichen, aber auch Reisen in die Rheinebene (Kaiserstuhl, Markgräflerland, Elsaß) sowie in den Schwarzwald lassen sich hier angenehm beginnen.

Der zwischen dem Flüßchen Dreisam, Sternwald und Lorettoberg gelegene Stadtteil Wiehre ist mit seinen vielen Gärten und großzügigen Vorgärten heute noch immer eine wahre grüne Oase.

Quellen: